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Freitag, 29. Mai 2020

Man darf doch manchmal Neger sagen

Wie ich ja schon vor einiger Zeit lernen durfte, sagt der DUDEN "Die Bezeichnung Neger gilt im öffentlichen Sprachgebrauch als stark diskriminierend und wird deshalb meist vermieden" und Wikipedia behauptet, "Neger gilt heute allgemein als Schimpfwort und als abwertende, rassistische Bezeichnung für schwarze Menschen". Nun hat die Auffassung eines Redakteurs bei einem Verlag oder einer Online-Enzyklopädie zwar keinen Gesetzescharakter, aber wer sich einem gelangweilten Amtsrichter gegenüber für die Verwendung des Wortes "Neger" rechtfertigen muss, kann leicht der Unschärfe des Gesetzes im Kombination mit der Bequemlichkeit des Richters zum Opfer fallen, wenn nach dessen müdem Blick ins Internet eine Strafe wegen Beleidigung ausgeurteilt wird.

Unter interessierten Juristen ist es allerdings hinreichend bekannt, dass bei jeder Äußerung deren Anlass und Kontext besonders aufmerksam zu bewerten ist und im Falle einer Sachauseinandersetzung nur dann von einer Beleidigung auszugehen ist, wenn die Verwendung eines Wortes allein auf die Diffamierung der angegriffenen Person abzielt. So hatte das Landgericht Hamburg im Rahmen einer Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einer betroffenen Politikerin den Kontext, in welchem deren Bezeichnung als "Nazi-Schlampe" gewählt wurde, als maßgebliches Kriterium für eine Auseinandersetzung in der Sache erkannt und deshalb eine beleidigende Schmähkritik verneint.

Die differenzierende Betrachtungsweise einer Äußerung fällt allerdings nicht nur vielen Richtern schwer, sondern bisweilen auch Parlamentariern. Je mehr aber die inhaltliche Auseinandersetzung eines Parlaments im Vordergrund steht und je wichtiger die mit einem Redebeitrag thematisierten Fragen für das Parlament und die Öffentlichkeit sind, umso eher müssen andere Rechtsgüter hinter dem Rederecht eines Abgeordneten zurückstehen. Auch polemische Ausdrücke sind grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie in den Kontext einer inhaltlichen politischen Stellungnahme eingebettet sind. Die Grenze zur Verletzung der parlamentarischen Ordnung ist dann erreicht, wenn es nicht mehr um eine inhaltliche Auseinandersetzung geht, sondern um die bloße Provokation oder eine Herabwürdigung Dritter beabsichtigt sei.

So hatte sich die Präsidentin des mecklenburg-vorpommerischen Landtags auf Grund ihrer Ordnungs- und Disziplinargewalt zu einem wie folgt begründeten Ordnungsruf gegen einen Parlamentarier hinreißen lassen, der in einer Debatte des Landtags mehrfach das Wort "Neger" verwendet hatte: "Der Abgeordnete Kramer hat zunächst als Zwischenruf und dann in einer Rede ein Wort benutzt, dass von der Gesellschaft als Schimpfwort und als abwertende Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe verstanden wird. Wenn ein Abgeordneter ein solches Wort in einer öffentlichen Sitzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern verwendet, muss er sich über dessen Konnotation bewusst sein. Vor diesem Hintergrund erteile ich Ihnen, Herr Kramer, einen Ordnungsruf."

Diesen pauschalen Ordnungsruf hat das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 19.12.2019 zum Az.: LVerfG 1/19 als eine verfassungswidrige Verletzung des parlamentarischen Rederechts erkannt. Ein Ordnungsruf gegen die Verwendung des Wortes "Neger" an sich sei rechtswidrig. Denn ein Präsident dürfe ein Mitglied des Landtages nur dann zur Ordnung rufen, wenn dieses die Würde oder die Ordnung des Hauses verletzt habe. Weil aber der für mehrere Verwendungen des Wortes „Neger" in unterschiedlichen Zusammenhängen einheitlich ausgesprochene Ordnungsruf nicht in allen Fällen die Würde des Hauses verletzt habe, sei der Ordnungsruf in seiner nicht differenzierenden Form ein Verstoß gegen die Landesverfassung.

Der Ordnungsruf rüge nach seinem Wortlaut die Verwendung des Wortes „Neger" allgemein und unabhängig vom Zusammenhang. Die Sanktion knüpfe nicht an die konkreten Äußerungen des Abgeordneten an und gehe insbesondere nicht der Frage nach, welchen vollständigen Inhalt der erste den Begriff „Neger" verwendende Zwischenruf hatte. Vielmehr werde für die mehrfache Verwendung des Wortes „Neger" pauschal ein Ordnungsruf erteilt. Der Ordnungsruf erfasse damit zu Unrecht auch die Äußerung, in der das Wort „Neger" verwendet wurde, um die Auffassung zu begründen, das Wort "Neger" verwenden zu dürfen.

Ob Nazi-Schlampe oder Neger, absolut verbotene Worte gibt es in Deutschland noch nicht, auch wenn Politik und Gerichte den festen Glauben daran bereits vielfach verinnerlicht haben. Leider sind die Kapazitäten der Verfassungsgerichte begrenzt und so manches Mal bleibt die Meinungsfreiheit auf der Strecke, weil sich Entscheidungsträger mit ihrer persönlichen Auffassung von Moral und gesellschaftlichen Konventionen lieber danach richten, "was man nicht macht" und gerne auch ohne nähere Betrachtung des Zusammenhangs einer Äußerung die Verwendung einzelner Worte verbieten, ohne sich um verfassungsrechtliche Vorgaben zu scheren.

Montag, 29. Januar 2018

Mohr

Neger darf man nicht mehr sagen, Halbneger auch nicht und jetzt ist der Mohr an der Reihe. Die kommunale Ausländervertretung und Ausländerinnenvertretung (KAV) der Stadt Frankfurt am Main möchte die Namen zweier Frankfurter Apotheken, die das Wort „Mohr“ in der Geschäftsbezeichnung enthalten, geändert sehen. Die Eschersheimer „Mohren-Apotheke“ und die „Zeil-Apotheke zum Mohren“ nahe der Konstablerwache sind der KAV ein Dorn im Auge, da die ursprüngliche Besetzung des Wortes „Mohr“ negativ gewesen und bis heute abwertend sei. So jedenfalls Virginia Wangare Greiner von der kommunalen Ausländer- und Ausländerinnenvertretung, die selbst afrikanischer Herkunft ist. Wenn man der Darstellung aus dem Buch „Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache“ folgen möchte, geht das Wort „Mohr“ einerseits auf das griechische „moros“ zurück, das „töricht“, aber auch „dumm“ bedeutet und andererseits auf das lateinische „maurus“, das für „schwarz“, „dunkel“ und „afrikanisch“ steht. 

Da es sich bei den kritisierten Geschäftsbezeichnungen um die Namen privater Unternehmen handelt, dürfte es schwierig sein, das Ansinnen der KAV mit rechtlichen Mitteln durchzusetzen. Anders sieht das aus, wenn der Begriff "Mohr" von der öffentlichen Hand verwendet wird und diese sich entschließt, negativ besetzte Begrifflichkeiten aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, wie das beim Zigeunerschnitzel in hannoverschen Kantinen bereits geschehen ist. Man darf gespannt sein, welche Kreise der Vorstoß der kommunalen Ausländervertretung und Ausländerinnenvertretung der Stadt Frankfurt am Main zieht, denn der Begriff "Mohr" wird nicht nur von privatwirtschaftlichen Unternehmen im Namen geführt, sondern von zahlreichen deutschen Gemeinden bildlich in deren Wappen. So gesehen gibt es in Deutschland noch viel zu tun und ich möchte engagierten Lesern durch die Wiedergabe folgenden Gemeindewappen die Möglichkeit geben, die wappenführenden Kommunen aufzufordern, den Mohr aus ihrem Wappen zu entfernen, denn ein repräsentatives Schild zu führen, welches farbige Mitmenschen mit dem Abbild von einem Mohr auf unterwürfige afrikanische Diener reduziert, ist nicht nur unzeitgemäß sondern rassistisch:

Wappen Coburg, Bayern

Wappen Bad Sulza, Thüringen

Wappen Eching, Bayern

Wappen Fahrenzhausen, Bayern

Wappen Gräfenthal, Thüringen

Wappen Hemhofen, Bayern

Wappen Krautheim, Thüringen

Wappen Ober-Möhrlen, Hessen

Wappen Sandau, Sachsen-Anhalt

Wappen Simmelsdorf, Bayern

Wappen Strullendorf, Bayern

Wappen Huisheim, Bayern

Wappen Ismaning, Bayern

Wappen Landkreis Freising, Bayern

Wappen Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Bayern

Wappen Landkreis Neu-Ulm, Bayern

Wappen Mehring, Bayern

Wappen Mittenwald, Bayern

Wappen Pappenheim, Bayern

Wappen Pastetten, Bayern

Wappen Unterföhring, Bayern

Wappen Wörth, Bayern

Wappen Zolling, Bayern

Wappen Uettingen, Bayern
Wappen Unterpleichfeld, Bayern

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Schaumwaffeln mit Migrationshintergrund

Nachdem ich erst spät lernen durfte, dass die Nutzung des Wortes "Neger" gar strafrechtliche Konsequenzen mit sich bringen kann, war ich unglaublich erleichtert, dass ich meine Kinder mit Hilfe der Stefan Wenner Technologies aus Empfingen abseits meines althergebrachten - aber eben diskriminierenden - Wortschatzes zu unvoreingenommenen Europäern erziehen kann, ohne ihnen die Süßigkeit, die mir als Kind noch als "Negerkuss" und "Mohrenkopf" vertraut war, vorenthalten zu müssen.

Denn mit der Eintragung der Marke "Schaumwaffeln mit Migrationshintergrund" in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts und dem Vertrieb des so bezeichneten Produkts wird auf dem deutschsprachigen Süßwarenmarkt mit wünschenswerter Marktmacht endlich ein politisch korrektes Produkt angeboten, dass sich in nachahmenswerter Klarheit von einer diskriminierenden Wortwahl distanziert, die jahrzehntelang die deutsche Sprache in Verruf gebracht hat.

Irgendwann wird sicher auch die in der Fleischbranche unverhältnismäßig ironische Wortwahl "Schnitzel mit dem verbotenen Namen" der Vergangenheit angehören und sich stattdessen das "Rotationseuropäerschnitzel" durchsetzen, so dass kommende Generationen deutscher Verbraucher immer weniger von Begriffen behelligt werden, deren Verwendung in der Vergangenheit zweifellos zu einer umfassenden moralischen Desensibilisierung geführt hat.

Montag, 3. August 2015

Man darf jetzt nicht mehr Neger sagen

Ich bin ja noch aufgewachsen mit Negerküssen und fand das Wort Neger nie diskriminierend. Für mich kamen die Neger aus Afrika und hatten schwarze Haut. Das schien früher so üblich zu sein. Das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache definierte 1975 „Neger, dunkelhäutiger Mensch mit sehr krausem schwarzen Haar".

Heute sieht das anders aus. Der DUDEN als eine Institution für die deutsche Rechtschreibung sagt heute zwar immer noch "Person von [sehr] dunkler Hautfarbe", übermittelt vorsorglich aber noch eine Art Gebrauchsanweisung: "Die Bezeichnung Neger gilt im öffentlichen Sprachgebrauch als stark diskriminierend und wird deshalb meist vermieden." Wikipedia drückt sich noch klarer aus: "Neger gilt heute allgemein als Schimpfwort und als abwertende, rassistische Bezeichnung für schwarze Menschen."

Wer auch immer beim DUDEN oder Wikipedia das Sagen hat, bestimmt damit auch ein wenig über die deutsche Rechtsprechung, denn nach § 185 StGB wird eine Beleidigung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, ohne dass § 185 StGB auch nur die kleinste Andeutung dazu macht, was eine Beleidigung überhaupt ist. Das muss ja auch nicht sein, könnte man denken, denn DUDEN und Wikipedia sagen ja schon, was im öffentlichen Sprachgebrauch beleidigend ist. Wer im ersten juristischen Studienjahr etwas aufgepasst hat, wird aber wissen, dass Artikel 103 Absatz 2 Grundgesetz das sogenannte Bestimmtheitsgebot wie folgt umschreibt: "Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde."

Eigentlich ist jedem Juristen klar, dass § 185 StGB dem Bestimmtheitsgebot deshalb nicht genügt und damit verfassungswidrig ist, aber der Laden muss ja irgendwie laufen und so hat das Bundesverfassungsgericht den von Zweifeln geplagten Amtsrichtern eine Ausrede als Textbaustein unter den Hintern geschoben: "Auch wenn das für eine unter der Geltung des Grundgesetzes erlassene Strafvorschrift als unzureichend anzusehen sein sollte, hat der Begriff der Beleidigung jedenfalls durch die über hundertjährige und im wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen haben", 1 BvR 1476, 1980/91 und 102, 221/92.

Alles klar? Und im Vertrauen: Die Justiz funktioniert genau nach diesem Prinzip und nach spätestens 3 Jahren Praxis als Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt hat man das auch kapiert. Und nun noch einmal kurz zurück zur Ausgangslage. Duden und Wikipedia haben mit ihren Definitionen deutlich gemacht, dass man bei der Verwendung des Wortes "Neger" in Bezug auf einen schwarzen Menschen mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen hat. Zum Glück habe ich das heute im Internet nachgelesen.  

Hinweis: "Man darf doch manchmal Neger sagen", Artikel vom 29.05.2020